Ein einer Entscheidung vom 30.11.2010 hatte der Bundesgerichtshof einen Fall zu entscheiden, in dem es um einen Auffahrunfall ging, der sich ereignet hatte, nachdem ein PKW in einer äußerst lang gezogenen Ausfahrt einen anderen PKW zunächst überholt hatte und dann vor diesem wieder eingeschert war. Bei der Beteiligten wollten am Ende der Ausfahrt die Autobahn verlassen. Im Normalfall gilt hier der Anscheinsbeweis „Wer hinten auffährt hat Schuld“. Es wird dann vermutet, dass der Auffahrende nicht genügend Sicherheitsabstand hielt und mithin gegen das Sichtfahrgebot verstoßen hat, oder durch überhöhte Geschwindigkeit oder allgemeine Unaufmerksamkeit den Unfall alleinig verschuldet hat. In dem konkreten Fall verneinte der BGH jedoch einen typischen Unfallablauf und somit die Anwendung der Verschuldensvermutung hinsichtlich des Auffahrenden. Soweit der Unfallhergang nicht genau geklärt werden konnte, jedoch ein örtlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Überholvorgang und der Kollision für das Gericht vorlag, hat das Gericht beide Beteiligten mit 50% aus der allgemeinen Betriebsgefahr haften lassen.

Es ist ärgerlich, aber trauriger Alltag. Die meisten Haftpflichtversicherer nehmen sich viel Zeit, um die Regulierung des Sachschadens vorzunehmen. Häufig argumentiert die Versicherung damit, dass der eigene Versicherungsnehmer noch keine Schadensmeldung abgegeben habe und auch noch keine Akteneinsicht in die behördliche Ermittlungsakte erfolgt sei. Richtig ist, dass der Versicherung ein Prüfungsrecht und einen Prüfungsfrist zusteht. Doch wie lange darf sich die Versicherung Zeit lassen? Wann ist der Geschädigte berechtigt, richterliche Hilfe in Anspruch zu nehmen?. Das OLG München hat hierzu mit Beschluss vom 29.07.2010, Az.: 10 W 1789/10, entschieden, dass 4 Wochen ausreichend sind. Ob der Versicherer bis dahin Akteneinsicht hatte, ist irrelevant.

Auf die Schadenshöhe kommt es an!

Hinsichtlich der Straftat 315c StGB – sog. gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr hat der BGH mit Urteil vom 28.9.2010, Az.: 4 StR 245/10, nunmehr entschieden, dass die Grenze für das Merkmal der Schädigung einer Sache von bedeutendem Wert bei 750 EUR liegt. Die Verurteilung wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr für im Regelfall zur Entziehung der Fahrerlaubnis. Das Merkmal wurde von den unterinstanzlichen Gerichten bislang sehr unterschiedlich bewertet. So sahen einige Gerichte einen bedeutsamen Wert schon ab 650 EUR als gegeben an, andere Gerichte dagegen urteilten erst ab 2000,00 EUR einen Verstoß gegen 315c StGB aus.

Führerschein auch ohne MPU!

August 15th, 2008

Grundsätzlich ist im Falle des Verlustes der Fahrerlaubnis und durch die Behörde angeordneter medizinisch psychologischer Untersuchung, kurz: MPU (im Volksmund: „Idiotentest“) die Rückerlangung der Fahrerlaubnis nur nach erfolgreicher Teilnahme an der MPU möglich. Die MPU ist jedoch teuer und lediglich die Hälfte der Teilnehmer besteht diese schwierige Prüfung im ersten Versuch. Eine gute und professionelle Vorbereitung ist daher erforderlich, die weitere Kosten produziert. Die erfolgreiche Teilnahme an der MPU ist jedoch dann nicht erforderlich, wenn ein gültiger ausländischer EU-Führerschein erworben wurde.

Dies entschied der Europäische Gerichtshof (EUGH) in seinem Urteil vom 26.06.2008 „Wiedemann/ Funk“, amtliches Aktenzeichen C-329/06.

In dem von den Richtern entschiedenen Fall ersuchten ein Herr Wiedemann (Rechtssache C‑329/06) gegenüber dem Land Baden-Württemberg und ein Herr Funk (Rechtssache C‑343/06) gegenüber der Stadt Chemnitz eine Klärung durch den EUGH betreffend der Weigerung der Bundesrepublik Deutschland, die Führerscheine anzuerkennen, die in der Tschechischen Republik trotz deutscher MPU Auflage ausgestellt worden sind, nachdem ihnen ihre deutsche Fahrerlaubnis wegen Drogen- bzw. Alkoholkonsums entzogen worden war.
Die Richter stellten klar, es stelle entgegen der Auffassung der deutschen Behörden keinen Rechtsmissbrauch dar, trotz MPU Auflage einen EU-Führerschein im Ausland zu erwerben. Das Argument der Behörden, der Führerschein sei nur zur Umgehung der MPU erworben, reichte dem EUGH nicht aus. Der EU-Führerschein ist danach auch in Deutschland gültig, so dass mit diesem trotz ausstehender MPU grundsätzlich gefahren werden darf.
Allerdings besteht nach Ansicht der EUGH-Richter die Pflicht zur Anerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis dann nicht, wenn im ausländischen EU Führerschein der deutsche Wohnsitz eingetragen ist. Solche EU Führerscheine müssen nicht anerkannt werden. Die MPU bleibt in diesen Fällen weiter unumgänglich.

Schuld trotz Vorfahrt!

Mai 1st, 2008

Auch der grundsätzlich an einer Kreuzung Vorfahrtsberechtigte ist verpflichtet, wenn er aus einem dem Anschein nach unbedeutenden und nicht einsehbaren Nebenweg kommt, sich mit äußerster Vorsicht in eine Kreuzung hineinzutasten, als wäre er wartepflichtig. Dies entschied das Oberlandesgericht Rostock in seinem Urteil vom 23.02.2007, amtliches Aktenzeichen 8 U 40/06.

In dem von den Richtern entschiedenen Fall näherten sich ein Motorradfahrer von rechts kommend aus einer unbefestigten Straße, die mehrere Dörfer und sogar zwei Bundesstraßen verbindet, und eine PKW-Fahrerin auf einer „normal asphaltierten Straße“ von links kommend einer nicht durch Verkehrszeichen geregelten und durch Pflanzenwuchs nicht einsehbaren Kreuzung. Es kam zum Unfall, wobei der Motorradfahrer schwer verletzt und sein Fahrzeug erheblich beschädigt wurde. Der Motorradfahrer machte seinen Schaden beim Landgericht Neubrandenburg geltend. Das Gericht gab der der Klage statt, da an der Kreuzung „rechts-vor-links“ gelte.
Auf die Berufung der PKW-Fahrerin hob das Oberlandesgericht Rostock das Urteil des Landgerichts insoweit auf, als die Richter ein Mitverschulden des Motorradfahrers von 40% annahmen. Die PKW-Fahrerin hafte nur zu 60%. Die PKW-Fahrerin durfte nicht allein aufgrund des unbefestigten Fahrbahnbelags von einem nachgeordneten Feld- oder Waldweg ausgehen. Entscheidend sei vielmehr die Verkehrsbedeutung des Weges. Der unbefestigte „Schotterweg“ verbinde mehrere Ortschaften und zwei Bundesstraßen miteinander, so dass diesem erhebliche überörtliche Bedeutung zukäme. Dagegen seien nur solche Straßen und Wege als Feld- und Waldwege untergeordnet, die überwiegend land- oder forstwirtschaftlich genutzt würden und keinerlei überörtliche Bedeutung hätten. Der Zweiradfahrer hätte trotz grundsätzlicher Vorfahrt sein Fahrverhalten an die örtlichen Verhältnisse anpassen müssen, da er aus einem dem Anschein nach unbedeutenden Nebenweg gekommen und aufgrund des Pflanzenwuchses nicht optisch wahrnehmbar gewesen sei. Auch der vorfahrtsberechtigte Verkehrsteilnehmer habe sich stets so zu verhalten, dass kein anderer Verkehrsteilnehmer geschädigt oder gefährdet werde. Der Motorradfahrer sei daher  verpflichtet gewesen, sich vorsichtig in die Kreuzung hineintasten, als wäre er wartepflichtig.
Bei unklarer Verkehrslage empfiehlt es sich, sich in die Gefahrenzone vorsichtig hineinzutasten und notfalls auf die eigene Vorfahrt zu verzichten, sonst kann es trotz „Vorfahrt“ teuer werden.

Allein die Aufhebung des verkehrsberuhigten Bereichs durch das Verkehrszeichen 326, Ende der „Spielstraße“, beendet noch nicht die im Straßenverkehr geltenden Sonderregeln des verkehrsberuhigten Bereichs (§ 10 StVO). Diese enden erst 30 Meter dahinter. Dies entschied der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 20.11.2007, amtliches Aktenzeichen VI ZR 8/07.

In dem von den Richtern entschiedenen Fall war ein Autofahrer an einer nicht durch Verkehrszeichen geregelten Einmündung als Linksabbieger vor einem von links kommenden Fahrzeug abgebogen. 10 Meter zuvor hatte der Autofahrer das Beendigungschild eines verkehrsberuhigten Bereichs passiert. Es kam zum Unfall.
Der Autofahrer klagte seinen Schaden zu 100% ein und beanspruchte für sich die Geltung von „rechts vor links“. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung die Geltung von „rechts vor links“ verneint.

Das Gericht führt dazu aus, dass die besondere Verpflichtung beim Verlassen des verkehrsberuhigten Bereichs, sich so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, und sich erforderlichenfalls sogar einweisen zu lassen, § 10 StVO, auch dann gilt, wenn das Verkehrszeichen 326 nicht unmittelbar im Bereich der Kreuzung oder Einmündung aufgestellt ist, sondern bis zu 30 Meter davor.

Der Bundesgerichtshof schränkt diesen Grundsatz insoweit ein, als dass dennoch stets die konkreten Umstände des Einzelfalls zu beachten sind. Eine andere Bewertung kann daher stets aufgrund der örtlichen baulichen Gegebenheiten (z.B. abgesenkter Bordstein etc.) geboten sein.

Im vorliegenden Fall hat der Bundesgerichtshof eine Mithaftung des Autofahrers von 50% wegen Verstoßes gegen § 10 StVO angenommen.

Auch nach Verlassen des verkehrsberuhigten Bereiches sollten Sie daher besonders aufmerksam sein. Folgt die Kreuzung oder Einmündung nur wenige Meter nach dem Ende des verkehrsberuhigten Bereichs, lassen Sie im Zweifel die anderen Verkehrsteilnehmers erst passieren.

Straflose Unfallflucht!

Februar 11th, 2008

Wer einen Unfall verursacht, ohne es zu merken, und danach weiterfährt, darf nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe, amtliches Aktenzeichen 2 BvR 2273/06, künftig nicht mehr wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort bestraft werden.

In dem von den Richtern entschiedenen Fall hatte ein Autofahrer beim Überholen an einer Baustelle unbemerkt Rollsplitt aufgewirbelt und dadurch einen anderen PKW erheblich beschädigt (Schadenshöhe 1.900 EUR). Erst beim Anhalten an einer Tankstelle einen halben Kilometer weiter stellte ihn der Geschädigte zur Rede. Der Schädiger wies den Vorwurf der Verursachung zurück, stieg in seinen PKW und fuhr weiter, ohne seine Personalien zu hinterlassen.

In dem folgenden Strafverfahren verurteilte das Amtsgericht Herford den Schädiger in erster Instanz zu einer Geldstrafe. Nach der bis zur neuen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geltenden Rechtsprechung machte sich strafbar, wer zunächst unabsichtlich weiterfuhr, jedoch nach Bemerken des Unfalls nicht unverzüglich die Feststellung seiner Personalien ermöglichte. Obwohl der Wortlaut des § 142 Strafgesetzbuch (Unfallflucht) nur denjenigen verpflichtet, nachträglich seine Personalien angeben, der sich zunächst „berechtigt oder entschuldigt“ vom Unfallort entfernt hat (z.B. um einen Verletzten und die hochschwangere Ehefrau ins Krankenhaus zu bringen), hatte der Bundesgerichtshof die Strafbarkeit bislang auf das unabsichtliche Weiterfahren ausgedehnt. Mit der neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs haben die Richter nunmehr klargestellt, dass diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Wortlaut des § 142 Strafgesetztbuch überdehnt. Nach Auffassung des zweiten Senats muss sich eine Bestrafung so konkret wie möglich am Wortlaut des Gesetzes orientieren, weil die Strafbarkeit für jeden Betroffenen vorhersehbar sein müsse.

Dies bedeutet im Ergebnis, dass eine Bestrafung für Unfallflucht künftig nur noch dann möglich ist, wenn Sie den Unfall auch bemerkt haben. Das Bemerken muss Ihnen seitens der Staatsanwaltschaft nachgewiesen werden!

Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls ist nicht verpflichtet, ein Ersatzfahrzeug zu erwerben, um die Lieferzeit für das Neufahrzeug zu überbrücken, wenn er bereits vor dem Unfall ein neues Fahrzeug bestellt hat und die voraussichtliche Lieferzeit sich in einem vertretbaren Rahmen hält. Der Geschädigte ist vielmehr berechtigt, ein Mietfahrzeug für die Zeit bis zur Leiferung anzumieten. Dies entschied nun das Oberlandesgericht Celle mit einen Urteil vom 24.10.2007, Aktenzeichen 14 U 85/07.

In dem von den Richtern entschiedenen Fall hatte der LKW einer Spedition bei einem Verkehrsunfall einen Totalschaden erlitten. Bereits kurz vor dem Unfall hatte die Geschädigte einen neuen LKW bestellt, der voraussichtlich in sechs Wochen geliefert werden sollte. Die Lieferung des LKW erfolgte jedoch erst nach 10 Wochen, 47 Tage nach dem Unfall. Der Gutachter hatte 12 Tage für die Wiederbeschaffung veranlagt. Die Geschädigte hatte während der gesamten 47 Tage ein Ersatzfahrzeug angemietet. Der Haftpflichtversicherer des Schädigers hatte die Kosten für den Mietwagen lediglich für die von dem Gutachter veranlagten 12 Tage gezahlt.

In der Vorinstanz hatte das Landgericht Verden die Klage der Geschädigten auf Ersatz der weiteren 35 Tage Mietwagenkosten abgewiesen mit der Begründung, die Geschädigte habe bei einem Totalschaden grundsätzlich nur Anspruch auf Ersatz der Mietwagenkosten für den Zeitraum, in dem er ein gleichartiges und gleichwertiges Fahrzeug auf dem Gebrauchtwagenmarkt beschaffen könne. Überschreite die Lieferzeit für das bestellte Neufahrzeug diesen Zeitraum, so müsse die Geschädigte für die Zwischenzeit ein Gebrauchtfahrzeug erwerben und dieses später gegebenenfalls wieder verkaufen.
Das Oberlandesgericht hat das Urteil in zweiter Instanz aufgehoben und der Klage der Geschädigten stattgegeben.
Das Gericht urteilte, dass zum Zeitpunkt der Anmietung des Mietfahrzeugs die Geschädigte von der voraussichtlichen Lieferdauer ausgehen durfte, so dass zum Anmietungszeitpunkt die übliche Frist lediglich um 24 Tage überschritten wurde. Die zusätzlichen Mietwagenkosten verhielten sich daher im zumutbaren Rahmen. Zudem seien die mit dem Kauf eines gebrauchten LKW verbundenen Risiken der Geschädigten nicht zumutbar.

Straflos mit 52 km/h in der Tempo-30 Zone!

Allein das Überschreiten der erlaubten Fahrtgeschwindigkeit in einer Tempo-30 Zone um 22 km/h rechtfertigt nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm, amtliches Aktenzeichen 3 Ss OWi 602/05, nicht die Verhängung eines Bußgelds. Es muss zusätzlich eine Sorgfaltspflichtverletzung hinzutreten.

In dem von den Richtern entschiedenen Fall hatte ein Autofahrer am Vortag Alkohol getrunken. Deshalb wurde er als Beifahrer in seinem eigenen PKW von einem Bekannten zu sich nach Hause mitgenommen. Der Bekannte wohnte in einer Tempo-30 Zone. Der Autofahrer achtete nicht darauf und trat dort am nächsten Tag mit seinem Fahrzeug die Fahrt an. Der Autofahrer wurde mit einer Geschwindigkeit von 52 km/h von einer mobilen Radarfalle gemessen.
Der Temposünder gab an, er habe nicht bemerkt, dass er sich in einer Tempo-30 Zone befand. Auf der Fahrbahn waren weder Hinweise auf ein Tempolimit aufgebracht, noch waren Schilder mit der Aufschrift „Tempo-30 Zone“ bei Fahrtantritt sichtbar.
Das Amtsgericht hat den Temposünder wegen Überschreitens der Höchstgeschwindigkeit nach § 24 StVG in Verbindung mit §§ 41, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO zu einem Bußgeld in Höhe von 100 Euro verurteilt. Der Verurteilte legte gegen die Entscheidung Rechtsbeschwerde beim Oberlandesgericht Hamm ein. Das Oberlandesgericht hat die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben. Das Gericht war der Auffassung, ein Beifahrer sei nicht verpflichtet, auf Verkehrszeichen zu achten. Dies gelte selbst dann, wenn dies sinnvoll wäre, weil der Beifahrer am nächsten Tag selbst mit dem PKW die Fahrt antreten wolle. Der Autofahrer habe nicht durch seine Unaufmerksamkeit beim Hineinfahren in den Zonenbereich die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht wahrgenommen habe, und habe daher nicht gegen seine Sorgfaltspflichten verstoßen.
Vor Fahrtantritten in ungewohnter Umgebung sollten Sie stets prüften, ob es sich nicht vielleicht um eine Tempo-30 Zone handelt. Sonst kann es teuer werden! Dennoch sollte nicht jedes Bußgeld „blind“ bezahlt werden.

Das Trinken von Alkohol nach einem Verkehrsunfall führt nach einer aktuellen Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, amtliches Aktenzeichen 12 U 72/06, zum Verlust des Versicherungsschutzes.
In dem von den Richtern entschiedenen Fall hatte der Kläger zunächst einen Verkehrsunfall verursacht. Beschädigt wurde lediglich das eigene Fahrzeug, so dass kein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, die sog. Unfallflucht, vorlag.
Nach dem Unfall verließ der Kläger den Unfallort und suchte die Wohnung eines Bekannten auf, um sich dort auf das Schockerlebnis zu betrinken. Dort fand die Polizei eine halbe Stunde nach dem Unfall den Kläger betrunken.
Der Kläger klagte gegen seine Vollkaskoversicherung auf Ersatz des ihm entstandenen Sachschadens an seinem PKW in Höhe von 16.400,00 EUR. Ohne Erfolg.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht wies die Klage ab. Das Gericht sah auch in dem Konsum von Alkohol nach dem Verkehrsunfall eine Aufklärungsobliegenheitsverletzung. Ein Nachtrunk nach einem Verkehrsunfall stellt nach Auffassung der Richter nicht schon ohne Weiteres eine Aufklärungsobliegenheitsverletzung dar. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Nachtrunk in der Erwartung eines bevorstehenden polizeilichen Eingreifens in der Absicht zu sich genommen wird, eine zum Unfallzeitpunkt bestehende Alkoholisierung bewusst zu verschleiern. Die Obliegenheitsverletzung ist in einem solchen Fall dazu geeignet, die Interessen des Versicherers zu gefährden, da die Versicherung keine Feststellungen hinsichtlich der Ursachen des Unfalls anstellen kann.
In dem vorliegenden würdigte der Senat die Gesamtumstände. Eine Zeugin hatte im Ermittlungsverfahren angegeben, dass der Kläger unmittelbar nach dem Verkehrsunfall alkoholsiert bei ihr an der Tür geklingelt habe. Der Kläger machte keine konkreten Angaben zum Zeitpunkt und der Menge des zu sich genommenen Alkohols. Daher ging das Gericht davon aus, dass der Kläger bereits zum Unfallzeitpunkt in einem nicht mehr feststellbaren Maße alkoholisiert gewesen ist und nach dem Unfall Alkohol zu sich genommen hat, um die Aklholisierung zum Unfallzeitpunkt zu verschleiern.
Daher: Kein Alkohol Konsum nach einem Unfall, solange dieser nicht polizeilich aufgenommen wurde. Sie verlieren sonst Ihren Versicherungsschutz in der Kasko!